. .

Zielsetzung

Nicht zuletzt durch die im Jahr 1990 in den USA proklamierte "Decade of the Brain" und die nachfolgende "Dekade des Gehirns", die 2010 in Deutschland zu Ende gegangen ist, sind die Neurowissenschaften zu einer der zentralen lebenswissenschaftlichen Disziplinen in Grundlagenforschung und Klinik geworden. Die intensiven Forschungsanstrengungen, die von diesen breit angelegten Initiativen weltweit angestoßen wurden, haben bereits zu enormen Wissensfortschritten geführt und unser Verständnis des gesunden und erkrankten Nervensystems ganz wesentlich erweitert und in vieler Hinsicht auch revolutioniert. Maßgebliche Voraussetzung war die zunehmende Bündelung und Vernetzung unterschiedlichster Forschungsansätze und die daraus resultierende Interdisziplinarität, die zu einem wesentlichen Erfolgsprinzip der modernen Neurowissenschaften geworden ist. Beispielhaft genannt seien die umfassende Einbeziehung zell- bzw. molekularbiologischer und genetischer Methoden in das neurowissenschaftliche Repertoire, die Entwicklung vielfältiger transgener Tiermodelle für bislang unverstandene und therapeutisch schwer oder gar nicht beeinflussbare Erkrankungen des Nervensystems, das breite Spektrum tierexperimenteller Verhaltenstests, das inzwischen zur Verfügung steht, und nicht zuletzt der Einsatz neuartiger bildgebender Verfahren wie der funktionellen Kernspintomographie, die ungeahnte Einblicke in das Gehirn von Gesunden und Patienten erlaubt.

Trotz der enormen Fortschritte, die zwei Dekaden intensiver neurowissenschaftlicher Forschung hervorgebracht haben, lässt sich nicht übersehen, dass Ätiologie und Pathogenese der wichtigsten neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen immer noch in vieler Hinsicht ungeklärt sind und präventive Maßnahmen und therapeutische Möglichkeiten, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen. Das gilt in besonderem Maß für die mit der Überalterung der Bevölkerung immer häufiger auftretenden neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson, aber auch Schizophrenie, Depression, Angststörungen, Sucht und Abhängigkeit sind Krankheitsbilder, deren Entstehung erst in Ansätzen verstanden wird und deren Therapie häufig empirischer Natur ist.

Sollen die Neurowissenschaften die Erwartungen und Hoffnungen erfüllen, welche die "Decade of the Brain" vor 20 Jahren geweckt hat, gilt es, das damals in Gang gesetzte Momentum aufzunehmen und mit neuem Schwung in das nächste Jahrzehnt mitzunehmen. Mit der Einrichtung eines interdisziplinären Zentrums für Neurowissenschaften (IZN) will die Friedrich-Alexander-Universität aktiv zu dieser Entwicklung beitragen und sich zugleich als einen auch nach außen hin sichtbaren Schrittmacher der modernen Neurowissenschaften weiter profilieren.